Itil V3

Das neue Itil - eine Herausforderung auf Jahre hinaus

29.05.2008
Von Hadi Stiel

Stabile Geschäftsprozesse und weniger Projektrisiko

Andreas Ziegenhain, Deutschland-Chef bei Siemens IT Solutions and Services, warnt davor, zuviel auf einmal zu wollen.
Andreas Ziegenhain, Deutschland-Chef bei Siemens IT Solutions and Services, warnt davor, zuviel auf einmal zu wollen.
Foto: SIS

Wenn die Services und ihr Management strukturiert nach Itil V3 geplant, konzipiert und erbracht werden, stabilisieren sich die Geschäftsprozesse spürbar, beteuert Andreas Ziegenhain, Deutschland-Chef bei Siemens IT Solutions and Services (SIS). Er appelliert an die Entscheider, eine ganzheitliche Service-Management-Strategie über den gesamten Service-Lifecycle zu verfolgen.

Die Bedeutung der Lifecycle-Betrachtung untermauert auch eine Studie von International Data Corp. (IDC). Dadurch könnten die Ausfallzeiten von Systemen und Netzen um 50 Prozent reduziert, die Produktivität innerhalb der IT-Organisation und über die Geschäftsprozesse hingegen um mehr als 30 Prozent gesteigert werden. Auch Gartner verweist auf die Vorteile des neuen Itil-Konzepts. Das Beratungsunternehmen schreibt der strukturierten und am Service-Lebenszyklus orientierten Herangehensweise eine geringere Zahl von IT-Fehlinvestitionen und Projektrisiken zu.

Planung und Realisierung in wohldurchdachten Schritten

Ziegenhain warnt allerdings davor, den Bogen zu überspannen und mit der neuen Itil-Version alles auf einmal bewerkstelligen zu wollen. "Das große, ehrgeizige Servicebild erreichen die Unternehmen in der Regel nur in mehreren Etappen." Zunächst einmal ständen die Prozessverantwortlichen vor der Herausforderung, die Neuerungen in V3 zu verstehen, deren Nutzen für das Unternehmen zu bewerten und die Veränderungen schrittweise einzuführen.

Für die notwendigen Investitionen und Aufwände müsse ein nicht unerhebliches Budget bereitgestellt werden, erinnert der SIS-Geschäftsfüher. Mit der Betrachtung kompletter Lebenszyklen und der Umsetzung aller dafür notwendigen Service-Management-Disziplinen wüchsen selbstverständlich die Kosten. In Betracht zu ziehen seien auch die organisatorischen, personellen und technologischen Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines Gesamtvorhabens nach Itil V3: "Das spricht ebenfalls für eine Planung und Realisierung in wohldurchdachten Schritten." Anderenfalls entstünden kostentreibende und produktivitätszehrende Reibungsverluste.

Die Softwareanbieter kleben noch an der alten Version

Es gibt keinen Standard für Itil-Produkte, konstatiert Marcus Behrendt von Logica.
Es gibt keinen Standard für Itil-Produkte, konstatiert Marcus Behrendt von Logica.
Foto: Marcus Behrendt

Marcus Behrendt, Practice Chairman Germany beim Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen Logica, stößt ins gleiche Horn. Auch er warnt die Entscheider davor, dem V3-Modell zu schnell zu viel aufzubürden. "Die neue Version beschreibt ein ehrgeiziges Ideal", konstatiert er. Wer es erfolgreich umsetzen wolle, müsse sich vor einigen Hindernissen in Acht nehmen. Beispielsweise hätten bislang nur wenige Anbieter von Service-Management-Lösungen den Lifecycle-Gedanken produkttechnisch nachvollzogen. Viele von ihnen klebten - technisch gesehen - noch an der alten Itil-Version.

"Selbst wenn die neuen Itil-Strukturen und -Empfehlungen technisch schon umgesetzt worden sind, sollte das Unternehmen nicht zu früh zu den Service-Management-Tools greifen", rät Behrendt den Anwendern. Auf jeden Fall müsse zuerst das Business-Modell stehen, um davon das Geschäftsprozess-Soll ableiten zu können. In Anlehnung daran könne das Unternehmen dann das richtige Maß an Services bestimmen und konzipieren sowie die IT-Organisation passend aufstellen.

Erst wenn das komplette Anforderungsprofil steht, sollten die Hersteller von Service-Management-Systemen über eine detaillierte Ausschreibung mit ins Boot geholt werden, empfiehlt Behrendt. Auf diese Weise bringe das Unternehmen die Hersteller dazu, sich mit den technischen Lösungsvorschlägen an ihrem Anforderungsprofil zu orientieren. Im umgekehrten Fall laufe der Anwender Gefahr, seine Serviceauf- und Bereitstellung durch die jeweilige Machart der Service-Management-Produkte einzuschränken und sich zu stark an drm jeweiligen Hersteller zu binden: "Auf diese Weise würde das Unternehmen kaum die gesteckten Ziele erreichen."

Darüber hinaus berge die Bindung an ein bestimmtes Produkt die Gefahr hoher Folgekosten, so Behrendt weiter: "Es gibt mit Itil einen De-facto-Standard für die Planung und Konzeption, aber es gibt keine De-facto-Standard für Itil-Produkte." In welcher Version auch immer: Itil trifft keine Aussagen zur technischen Umsetzung.