Fabian Hoff starrt auf einen Computerbildschirm, klickt sich durch ein paar Applikationen und landet schließlich in einem Quellcode. Nicht allzu lange darf man ihm dabei über die Schulter schauen. Immerhin arbeitet der EDV-Spezialist mit vertraulichen Kundendaten in der Deutschland-Zentrale von Vodafone, dem britischen Mobilfunkkonzern. Der 30-Jährige programmiert Schnittstellen, die Datenbanken verschiedener Abteilungen miteinander verbinden. In Quellcodes mögliche Fehler suchen, Daten und Zahlen analysieren - Hoff ist ziemlich gut darin. Auch deshalb, weil er Autist ist.
Weltweit versuchen Unternehmen von deren besonderen Begabungen zu profitieren.
Der Software-Konzern SAP gab kürzlich bekannt, in den kommenden sieben Jahren 650 Autisten einstellen zu wollen - das wären ein Prozent der Belegschaft. Weltweit sollen sie als Programmierer, Software-Tester und Datenmanager arbeiten. In Indien und Irland hat SAP die Zusammenarbeit mit Autisten bereits in Pilotprojekten getestet; nun soll das Autisten-Programm in den USA, Kanada und Deutschland starten.
- Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung. - Tipp 2
Eine offene Kommunikation einhalten. - Tipp 3
Eine konstruktive Zusammenarbeit umsetzen. - Tipp 4
Zu Problemen grundsätzlich Lösungsvorschläge anbieten. - Tipp 6
Keine Arbeitspakete ohne Termin und Verantwortlichen definieren. - Tipp 7
Delegieren von Arbeitspaketen vermeiden. - Tipp 8
Lieber miteinander reden anstatt E-Mail-Ping-Pong zu spielen. - Tipp 9
Keine politischen Spielchen treiben. - Tipp 11
Dynamik entwickeln und auf das gesamte Projektteam sowie alle Anwender übertragen.
Betreuung von Autisten
Etwa ein Prozent der Weltbevölkerung leidet an einer autistischen Störung. Autismus ist wohl erblich, zumindest entwickelt er sich bereits im Mutterleib. Es ist eine angeborene und bisher unheilbare Störung der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungs des Gehirns, die sich schon bei Kleinkindern zeigt. "Autisten haben Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen, Sarkasmus verstehen sie nur schwer, Gesichtsausdrücke können sie nicht interpretieren," sagt Hermann Cordes, Leiter des Bremer Instituts für Autismus-Forschung (IfA). Das Spektrum der intellektuellen Störung reicht von kleinen Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu schweren geistigen Behinderungen.
Eine Variante ist das so genannte Asperger-Syndrom, davon sind weltweit zehn Prozent der Autisten betroffen. Im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus sind Menschen mit Asperger in ihren ersten Lebensjahren nicht verhaltensauffällig. Sie entwickeln sich normal, haben beispielsweise keine Sprachstörungen. Die Probleme tauchen erst später auf, vor allem im sozialen Umgang. "Asperger-Autisten sind oftmals Eigenbrötler," sagt Cordes. "Sie sind aber oftmals hervorragende Arbeiter - sie sind präzise, können sich gut konzentrieren, auch bei sich immer wiederholenden Tätigkeiten." Die Talente der Asperger-Autisten unterscheiden sich stark. Manche sind musikalisch, andere gute Mathematiker. So wie Fabian Hoff.
Er erhielt vor drei Jahren die Diagnose: Asperger-Syndrom. "Im Studium fielen mir Fächer wie Programmieren und Mathematik einfacher als vielen anderen Studenten," sagt er. "Allerdings hatte ich Schwierigkeiten beim Auswendiglernen ohne Kontext." Zwei Studiengänge brach Hoff ab, schlug sich mit verschiedenen IT-Jobs durch - eine typische Biografie für einen Asperger-Autisten, die Mehrheit von ihnen ist arbeitslos. Verschenktes Potenzial, dachte sich Dirk Müller-Remus und gründete 2011 das Berliner Start-Up Auticon.
Der Unternehmer hat selbst einen autistischen Sohn und kam so auf die Geschäftsidee. Das IT-Unternehmen arbeitet ausschließlich mit Autisten zusammen und vermittelt die Mitarbeiter an Unternehmen, sie bleiben bei Auticon angestellt.
Über diesen Weg fand Hoff zu Vodafone. In seinem Berufsalltag hilft ihm ein Jobcoach von Auticon, beispielsweise wenn er sich überlastet fühlt. Autisten würden sich anbieten, schnell ausgenutzt zu werden, sagt Hoff. So erging es einem Auticon-Mitarbeiter. Der kam in einem Call-Center zum Einsatz und wachte einst in der Notaufnahme auf. Der Chef hatte ihm befohlen, solange am Computer sitzen zu bleiben, bis er mit der Arbeit fertig sei. Der Angestellte verbrachte dann 24 Stunden am Rechner - ohne Essen und Trinken.
Wer Berater auswählt, muss darauf achten, dass sein Team ausgewogen mit verschiedenen Persönlichkeitstypen besetzt ist - von Neuerern und Wegbereitern über Macher und Koordinatoren bis hin zu Umsetzern und Perfektionisten.- Der Neuerer
...(im Englischen auch Plant oder Chairman) ist der Kreative. Er verfügt über eine ausgeprägte Vorstellungskraft und ist in der Lage, schwierigste Probleme zu lösen. Zu seinen - tolerierbaren - Schwächen zählt, dass er oft zu beschäftigt ist, um effektiv zu kommunizieren, und dass er kleinere Probleme gern ignoriert. - Der Wegbereiter
... (engl. Resource Investigator) zeigt sich aufgeschlossen, enthusiastisch und kommunikativ. Er entwickelt Kontakte. Zu seinen lässlichen Schwächen zählt, dass er überoptimistisch ist, aber zugleich, nach anfänglicher Begeisterung, oft das Interesse verliert. - Der Koordinator/Integrator
...(engl. Co-Ordinator) ist der erfahrene und selbstsichere Typ, der Entscheidungen fördert. Zu seinen negativeren Eigenschaften gehört es, dass er mitunter als manipulativ erscheint und dazu neigt, eigene Aufgaben auf andere zu übertragen. - Der Macher
... (engl. Shaper) ist herausfordernd und dynamisch. Er arbeitet gut unter Druck und überwindet Hindernisse. Zu seinen Schwächen zählt es, ungeduldig, provozierend und verletzend zu sein. - Der Beobachter
...(engl. Monitor Evaluator) denkt nüchtern, strategisch und kritisch. Er untersucht Vorschläge auf ihre Machbarkeit. Auf der Negativseite steht, dass es ihm an der Fähigkeit mangelt, andere zu inspirieren. - Der Teamarbeiter
...(engl. Teamworker) ist kooperativ und diplomatisch, er hört zu und vermeidet unnötigen Streit. Auf der Soll-Seite stehen seine Unentschlossenheit und seine Neigung, Konfrontationen und Konflikten auszuweichen. - Der Umsetzer
... (engl. Implementor) agiert zuverlässig und effizient. Er setzt Maßnahmen um und organisiert die Arbeit. Dem steht gegenüber, dass er mitunter unflexibel und zögerlich handelt. - Der Perfektionist
(engl. Completor) zeigt sich gewissenhaft und pünktlich. Weil er selbst Fehler vermeidet und Fehler entdecken kann, wirkt er qualitätssichernd. Allerdings ist er mitunter unwillig zu delegieren und eher ängstlich. - Der Spezialist
...(engl. Specialist) ist introvertiert und handelt aus eigenem Antrieb. Er ist engagiert und bringt Fachwissen ein. Zu seinen Schwächen zählt, dass er nur sehr spezifische Beiträge liefert und sich oft in Details verliert.