"Die hohen Erwartungen waren falsch"

04.05.2004
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

HILDEBRANDT: Es erinnert mich an die Zeit, als man die Fertigung von Elektronik, etwa von Videorekordern oder Kameras, ins Ausland verlegte. Wir sollten nicht den gleichen Fehler machen wie damals und glauben, solche globalen Trends ließen sich verhindern. Für die IT-Branche gilt das in besonderem Maße. Es geht vielmehr darum, dies als Möglichkeit zu sehen und Offshoring als Chance zu betrachten, sowohl uns selbst als auch anderen Ländern neues Marktpotenzial zu erschließen.

CW: Die großen Offshore-Anbieter wie Tata oder Infosys bauen Brückenköpfe in Deutschland und wollen auch in den klassischen IT-Servicemarkt eindringen. Für Dienstleister wie IBM Global Services wächst damit der Kostendruck. Wie reagieren Sie darauf?

HILDEBRANDT: Wir passen uns der Marktentwicklung an. Die Offshoring-Anbieter kreieren ja keine Highend-Systeme wie etwa neue Börsenanwendungen. Sie konzentrieren sich eher auf Services wie Personalwirtschaft oder SAP-Buchhaltung für ihre Kunden. Solche Aufgaben erledigen sie gut. Für uns heißt das, dass wir das Portfolio entsprechend anpassen und Mitarbeiter aus diesen Bereichen für andere Felder schulen.

CW: Sie wollen einfachere Aufgaben wie Application-Management oder Wartung den Offshore-Konkurrenten überlassen?

HILDEBRANDT: Nein. Das heißt, wir werden nach wie vor unsere weltweiten Kapazitäten und Ressourcen bestmöglich nutzen und Aufgaben an die Länder verteilen, in denen wir die besten Bedingungen antreffen. Man muss dafür nicht unbedingt nach Indien gehen. Wir verfügen über sehr gute Spezialisten mit exzellentem Know-how bei IBM in Ungarn oder auch Polen. Diese Länder haben ein hohes Ausbildungsniveau; sie haben sehr stark in den Ausbau ihrer Infrastruktur investiert, und die wirtschaftliche Situation dort hat sich während der letzten Jahre gebessert. Durch die Erweiterung der EU ergeben sich hier sowohl für uns als auch für diese Länder neue Möglichkeiten. Wenn jeder sich auf das konzentriert, was er am besten kann, funktioniert die globale Wirtschaft.

CW: Wo sehen sie Wachstumsfelder im deutschen IT-Servicemarkt?