Neue Horizonte durch horizontale Integration

Drei KI-Szenarien aus der Logistik

15.01.2019
Von 
Der Diplom Ökonom Torben Niemtschke ist Head of S/4HANA Innovation & Portfolio bei der itelligence AG.

Beispiel 2: Mehr Leistung im Hochregallager

Ein zweites Beispiel: In einem Hochregallager ist die Ordnung der Güter heute meist eher zufällig. Der Einlagerungsort hängt unter anderem davon ab, wann welche Waren eingetroffen sind und wo zu diesem Zeitpunkt gerade Platz war. In modernen, automatischen Hochregallagern kümmern sich längst smarte, autonome Roboter statt Gabelstaplerfahrer um die Einlagerung und Entnahme der Waren. Sie enthalten vielfältige Sensoren und Intelligenz, unter anderem damit kein Paket herunterfällt, keine Maschinen aneinanderstoßen und Verschleißteile vorausschauend ausgetauscht werden: Vertikale Künstliche Intelligenz.

Auch die Daten von Robotern, die Waren im Hochregallager lagern und entnehmen, lassen sich mit Hilfe von KI nutzen.
Auch die Daten von Robotern, die Waren im Hochregallager lagern und entnehmen, lassen sich mit Hilfe von KI nutzen.
Foto: Baloncici - shutterstock.com

Diese Roboter erfassen bereits zu diesen Zwecken eine Unmenge an Daten: Zu ihren Fahrwegen, ihrer Position, zur Auslastung, der Nutzlast, dem Energieverbrauch und so weiter. Wenn nun diese Daten mit Infos aus CRM oder ERP gekoppelt werden und Künstliche Intelligenz diese Datenmenge analysiert, lässt sich viel optimieren. Das horizontal integrierte System würde zum Beispiel dank vorausschauender Analyse ahnen, ob in den nächsten Wochen eher Regenmäntel oder Bademode gefragt sein werden. Es könnte - ähnlich den Kaufempfehlungen im E-Commerce - voraussehen, dass oft derjenige, der Weihnachtskugeln bestellt, auch Strohschmuck und Geschenkpapier braucht.

Solches Wissen lässt sich nutzen: In Stillstandszeiten, in denen keine Waren neu eingelagert oder entnommen werden, könnte der Roboter das Lager entsprechend der Prognose umsortieren. An den Stellen, die der Roboter besonders schnell und auf kurzen Wegen erreicht, schafft er Platz für die Artikel, für die in naher Zukunft viele Bestellungen zu erwarten sind. Ware, die nicht der Saison entspricht wird ins hinterste Eck verlagert. Artikel, die oft zusammen bestellt werden, würde er in der Nähe zueinander platzieren.

Neu eingetroffene Teillieferungen würde er zwischenlagern, weil er weiß, dass weitere Waren kommen; so spart er Zeit, wenn er dann alle zusammen an den endgültigen, optimalen Bestimmungsort im Hochregallager transportiert. Er würde möglicherweise nicht mehr einen Job nach dem anderen abarbeiten, sondern auf einer notwendigen Fahrt schon einmal eine andere Ware den halben Weg mitnehmen. All dies geschieht dann nicht mehr auf der Basis von Regeln, sondern auf der Basis von selbstlernenden Algorithmen.

Der ohnehin schon recht intelligente, aber isoliert arbeitende Roboter wird also horizontal mit hochleistungsfähiger Business-Software verbunden, verknüpft über eine in Echtzeit arbeitende Prozess-Engine. Künstliche Intelligenz würde so unter dem Strich zu einer Optimierung des Fahrwegs und zu einem schnelleren Betrieb führen. Betriebswirtschaftlich sorgt dies für mehr Umsatz, weil Aufträge zu Stoßzeiten schneller abgearbeitet werden. Eine solche Optimierung könnte in manchen Branchen im Weihnachtsgeschäft für einen zusätzlichen Tag mit sattem Umsatz sorgen.

Statt, dass der Roboter nur arbeitet, wenn er eine konkrete Anforderung erhält, oder wenn ihm eine Regel den Befehl gibt, optimiert er nun ständig das Lager für die Aufgaben der nächsten Tage und Wochen. Mit dem Ergebnis, dass er zu Peak-Zeiten perfekt vorbereitet ist.