Workflow, Messung und Projektabbruch
Falle 3: Viele Projekte entziehen sich dem Workflow
Mitarbeiter, die nicht wissen, warum sie aus dem Alltagsgeschäft abgezogen werden, tendieren zu einem nahe liegenden Verhalten: Sie widmen sich den Aufgaben, die der Umsetzung abteilungseigener Ziele dienen. Um sie möglichst schnell angehen zu können, steuern die Abteilungsmitglieder diese Aufgaben gar nicht erst in den langwierigen Projektgenehmigungs-Workflow ein, sondern gehen sie nach Bedarf an.
Kommt nun eine Anfrage von oben, ob für ein bereichsübergreifendes Projekt nicht Ressourcen freigestellt werden können, ist selbstverständlich kaum ein Mitarbeiter verfügbar. Aus Sicht des Gesamtunternehmens ist das kontraproduktiv.
Empfehlung: U-Boot-Projekte verhindern
Deshalb sollte ein Unternehmen klare Kriterien definieren, ab wann eine Aufgabe eigentlich ein Projekt ist, zum Beispiel durch die Abgrenzung nach benötigter Arbeitszeit: Dauert eine Aufgabe länger als fünf Tage, wird sie zu einem Projekt. Und das muss den gesamten Projekt-Management-Prozess durchlaufen - von der Initiierung bis zum Abschluss.
Ein anderes Kriterium für ein Projekt ist das Budget: Beläuft sich der Aufwand einer Aufgabe beispielsweise auf mehr als 5.000 Euro, so wird diese Tätigkeit als Projekt klassifiziert und ebenso behandelt.
- Die 10 größten Probleme im Projekt-Management
Zu viele IT-Projekte sind nicht erfolgreich. Woran liegt es, dass die meisten Vorhaben anders laufen als gedacht? Und was ist dagegen zu tun? - Projektziele unklar
Verfassen Sie einen Projektauftrag, in dem die Ziele des Projekts schriftlich fixiert sind. Sprechen Sie diesen mit Ihrem Auftraggeber durch, und lassen Sie ihn unterschreiben. Unklarheiten sollten sofort beseitigt werden. - Zeitvorgaben unrealistisch
Oft macht das Management großen Druck, das Projekt in einem viel zu eng bemessenen Zeitraum durchzupeitschen. Zeigen Sie Alternativen auf, mit denen sich wirklich Zeit einsparen lässt, zum Beispiel durch Verzicht auf weniger wichtige Features. Machen Sie keine Zusagen, wenn der vorgegebene Termin absehbar nicht zu halten ist. - Mangelnde Abstimmung
Wer ist interessiert, betroffen und beteiligt? Wenn Sie diese Frage im Hinterkopf behalten, haben Sie schon alle Personen versammelt, die Sie im Rahmen Ihres Stakeholder-Managements berücksichtigen müssen. Stimmen Sie sich frühzeitig ab, informieren Sie offensiv über Ihr Vorhaben. - Fehlerhafte Kommunikation
Kommunizieren Sie zielgruppengerecht. Nicht jeder muss alles immer sofort wissen. Berücksichtigen Sie die verschiedenen Medien, und prüfen Sie, wie Sie die andere Person am wirkungsvollsten erreichen - per E-Mail, Telefon oder am besten immer noch in einem persönlichen Gespräch. - Überlasteter Projektleiter
Delegieren Sie als Projektleiter Ihre Aufgaben. Geben Sie Verantwortung an andere Teammitglieder ab und konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Führungsaufgaben. Das schafft Freiräume und stärkt die Motivation Ihrer Kollegen. Wenn es das Projektbudget zulässt, führen Sie ein Projekt-Management-Office ein - Unrealistisscher Budgetrahmen
Ähnlich wie die Zeit ist auch das Geld häufig ein knappes Gut. Entwickeln Sie frühzeitig Szenarien, mit denen der Budgetrahmen gehalten werden kann, und vermeiden Sie es, Ihren Auftraggeber mit monatlich wiederkehrenden Forderungen nach Budgeterhöhungen zu frustrieren. - Schlampige Feinplanung
Phasen- und Meilensteinplanung sind ein guter Start, aber eine effiziente Planung hört damit noch nicht auf. Beschreiben Sie einzelne Arbeitspakete, und ordnen Sie ihnen Verantwortliche zu. Formulieren Sie alle Tätigkeiten aus, die innerhalb der Arbeitspakete zu erledigen sind. - Holpriges Berichtswesen
Halten Sie den Aufwand für das Reporting gering, um Ihre Mitarbeiter nicht mit dem Schreiben von Statusberichten zu nerven. Fragen Sie nur die wirklich wichtigen Daten ab, und entnehmen Sie so viele Steuerungsinformationen wie möglich aus bestehenden IT-Systemen wie SAP oder Projektplänen. - Fehlende PM-Methodik
Sorgen Sie für eine sauber aufgesetzte Methodik, wie Sie Ihr Projekt planen und steuern. Damit haben Sie schon viel gewonnen. Das Wissen können Sie in Kursen, beispielsweise bei der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement), erwerben - oder mit einem externen Dienstleister einkaufen.
Falle 4: Es gibt kein Instrument zum Messen des Erfolgs
Im Laufe der Zeit haben die Verantwortlichen des medizinischen Dienstleisters Erfahrung in Sachen Projektportfolio-Management gesammelt. Sie haben das Projektportfolio nach den "Smart"-Grundsätzen verbessert, die Kommunikation durch regelmäßige Meetings mit allen Beteiligten aufrechterhalten und auch noch definiert, wann aus einer Linienaufgabe ein Projekt wird.
Aber immer noch sind die Manager außerstande, herauszufinden, ob ein Projekt überhaupt zur Umsetzung des jeweiligen Unternehmensziels beigetragen hat. Dadurch gehen dem Unternehmen wichtige Erkenntnisse verloren: War der Auswahlprozess der Projekte scharf genug? Sind die richtigen Projekte im Portfolio gelandet? Sind "falsch" Projekte rechtzeitig gestoppt worden? Wurde das strategische Ziel: "Hohe Qualität trotz Wachstum" erreicht?
Empfehlung: KPIs definieren
Ob und inwieweit ein Ziel erreicht worden ist, lässt sich anhand von Key Performance Indicators (KPIs) nachvollziehen. Im Fall des Medizindienstleisters wären solche Indikatoren zum Beispiel die Ergebnisse von Kundenumfragen oder die simple Prüfung, ob die Nachfrage gestiegen oder gesunken ist.
Falle 5: Niemand hat den Mut zum Projektabbruch
Solange es keine einheitliche Kommunikationsstrategie gab, gingen immer wieder Projekte an den Start, die den Unternehmenszielen entgegenliefen. Zum Beispiel ein Projekt im Einkauf, das darauf zielte, ausschließlich deutsche Bedienungsanleitungen für die Laborsoftware zu bestellen. Es konkurrierte mit dem übergreifenden Ziel, eine einheitliche Arbeitsumgebung für alle Unternehmensbereiche aufzubauen: Wegen der zugekauften internationalen Firmen wären englische Anleitungen sicher sinnvoller gewesen. Also wurden Zeit, Ressourcen und Geld für ein Projekt aufgewendet, das im Grunde vergebens war.
Auch wenn ein Unternehmen bereits Projektportfolien etabliert hat und die Mitarbeiter wissen, warum sie etwas tun, kommt es häufig zu Zeit- und Geldverschwendung. Und zwar dann, wenn die Unternehmensführung das Projektportfolio nicht genau genug beobachtet: Ändert sich die Marktsituation in unvorhergesehener Weise, sind die Unternehmensziele dahingehend neu zu bewerten. Sonst werden Projekte weitergeführt oder sogar neu begonnen, die unter den neuen Umständen nicht sinnvoll sind.
Empfehlung: Portfolio immer im Blick
Anstatt einmal im Jahr das Projektportfolio festzuzurren, sollten die Verantwortlichen flexibler werden und spätestens jedes halbe Jahr Marktsituation und Portfolio neu prüfen, um letzteres gegebenenfalls anzugleichen. Sollte man dabei feststellen, dass das ein oder andere Projekt nicht mehr der Marktsituation entspricht, muss das Unternehmen die Konsequenzen ziehen: Das Projekt ist in diesem Fall zu stoppen - egal, wieweit es fortgeschritten ist und wieviel Geld man dafür schon ausgegeben hat. (qua)