Ebenso wie das RHCE- bescheinigen auch das LPI-Zertifikat sowie das erst vor wenigen Wochen angelaufene Qualifizierungsprogramm zum "United Linux Certified Professional" (ULCP) und "United Linux Certified Expert" (ULCE) ihren Besitzern Linux-Kompetenz. Doch die Unterschiede sind gewaltig. Während der RHCE sehr viel Geld kostet, sind für die LPI- und ULCP/ULCE-Prüfungen nur 125 Euro auf den Tisch zu blättern.
Auch im didaktischen Konzept klafft eine große Lücke zwischen den Angeboten. Wer sich zum LPI- oder ULCP/ULCE-Examen anmeldet, muss einen rund einstündigen Online-Test, der neben Englisch und Japanisch bald auch auf Deutsch angeboten wird, im Multiple-Choice-Verfahren meistern. Während die LPI-Durchfallquote nach Angaben von Peter Albrecht, Suse-Projektleiter in München und Mitinitiator der neu aufgelegten ULCP/ULCE-Zertifizierung, bei etwa 50 Prozent liegt, sind sogar 65 Prozent der Teilnehmer mit der RHCE-Prüfung überfordert, wie Red-Hat-Schulungsleiter Jens Ziemann erläutert.
Schwere Prüfungen
Dass viele Kandidaten scheitern, begründet Ziemann nicht allein mit dem hohen Anforderungsniveau. So meldeten sich immer weniger "Cracks" und Unix-Kenner an, dafür "wegen des Hypes" viele Windows-Administratoren. Vor allem sie streichen die Segel. Ziemann beobachtet, dass die Lizenzpolitik von Microsoft von vielen Unternehmen nicht mehr akzeptiert wird. Eine Entwicklung, die auch Brigitte Krcmar, Marketing-Leiterin von Unilog Integrata Training in Tübingen, bestätigt. Während früher Linux "meist auf Kosten von Unix" eingeführt worden sei, gebe es zunehmend Projekte, "bei denen eine Umstellung von Windows auf Linux nachgefragt wird".
Die Anforderungen der mehrteiligen RHCE-Prüfung sind hoch. In einer "Debug Session" müssen die Kandidaten eine Maschine auf eingebaute Fehler untersuchen und reparieren, ferner ihr Wissen in einem Multiple-Choice-Test unter Beweis stellen. Praktische Probleme des Berufsalltags stehen im Mittelpunkt, unter Zeitdruck muss der Prüfling eine überzeugende Lösung entwickeln. Beim LPI hingegen ist derjenige im Vorteil, der sich Wissen angeeignet hat, ohne unbedingt viel von der Praxis verstehen zu müssen.
Lernen nach Dienstschluss