Ausgerechnet in einen der seltenen Deutschland-Besuche von Steve Ballmer platzte die Hiobsbotschaft, dass sein Unternehmen erstmals Einbußen bei Quartalsumsatz und Gewinn gegenüber dem Vorjahr hinnehmen musste (siehe Microsofts Profit bricht überraschend deutlich ein). Auf dem Software Strategy Summit in Köln hielt sich das anwesende Management jedoch nicht lange mit Geschäftszahlen auf. Stattdessen präsentierte es den 800 teilnehmenden Partnern ein breites Themenspektrum - von Anschubhilfen für das lahmende Geschäft bis zu aktuellen Produktstrategien. Vor allem aber rührte man kräftig die Trommel für neue und für zukünftige Cloud-Computing-Offerten.
- Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
"Privatpersonen wie Unternehmen haben zu lange mit Hilfe von billigen Krediten über ihre Verhältnisse gelebt", lautete Ballmers Krisenanalyse. - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
Seine Prognose über den Verlauf der nächsten Jahre fiel zurückhaltend aus: "Vielleicht haben wir die Talsohle erreicht, vielleicht aber erst in zwei Jahren. Wir sollten uns jedenfalls darauf einstellen, dass wir nicht über Nacht wieder das alte Niveau erreichen werden." - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
"Googles Cloud-Angebote sind nicht geeignet für Enterprise-Applikationen. Google probiert viele Dinge aus, wir machen viele Dinge," warf er dem zurzeit ärgsten Microsoft-Konkurrenten vor. - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
Microsoft selbst sieht er im Cloud-Geschäft mit den zukünftigen Systemplattformen Windows Azure und SQL Azure gut und frühzeitig positioniert: "Gemessen an den Bedürfnissen der Business-Anwender sind wir damit noch etwas früh dran. Der Tag ist aber absehbar, an dem Lösungsanbieter Geschäftsanwendungen über Azure-Services bereitstellen und Anwender damit produktiv arbeiten können." - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
Die Büro-Suite Office will Ballmer weiter als Basis für Geschäftsanwendungen etablieren und dazu Entwicklern mehr Zugriffe auf Schnittstellen einräumen. Die Tabellenkalkulation Excel soll gar zu einem Vielzweck-Modellierungs-Tool mutieren - mit Einsatzszenarien in Branchen wie Finanzdienstleistungen oder Fertigungsindustrie. - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
Stellvertretend für die Microsoft-Partner in Deutschland durfte der Fürther Softwareunternehmer Damir Tomicic Ballmer Fragen stellen: Auf welche Abrechungsmodelle Microsoft im Bereich Cloud Computing setze, war eine davon. - Microsoft-CEO Steve Ballmer in Köln
Bei Konsumenten gehe er von werbefinanzierten Konzepten aus, antwortete Ballmer. Bei mittelständischen Anwendern erwarte er Abrechungsmodelle über Hoster, Dienstleister oder Telekommunikationsunternehmen, während Konzerne direkt mit Microsoft abrechnen würden.
Erschütterndes Cloud Computing
Zur Eröffnung der Veranstaltung versuchte Bitkom-Vizepräsident Heinz-Paul Bonn im Stil einer "Ruck"-Rede, die Bedeutung der IT in Krisenzeiten zu unterstreichen: "Die IT-Industrie braucht keine Abwrackprämie, sie ist selbst ein Konjunkturprogramm." Darüber hinaus erörterte er die enormen Umwälzungen in der IT-Industrie durch Internet-basierende Services. Für deutsche Anbieter sieht er hier ein großes Potenzial, sofern sie sich der Technik öffneten: "Cloud Computing ist im positiven Sinn ein erschütterndes Paradigma, das der IT ganz neue Perspektiven erschließt. Da 70 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts über Services erwirtschaftet werden, sehe ich die deutsche IT-Industrie gut gerüstet für kommende Services-Geschäftsmodelle."
Dies unterstrich Wolfgang Brehm, Direktor des Microsoft-Partnergeschäfts, der die einschlägigen neuen Angebote für Partner und Kunden präsentierte. Hierzu zählt zunächst die jetzt freigegebene "Business Productivity Online Suite". Firmenkunden haben damit die Möglichkeit, Exchange SharePoint Online, Office Communications sowie Office Live Meeting anstelle einer bisher üblichen Vor-Ort-Installation nun als gehosteten Cloud-Service über das Netz zu beziehen.
Vorgestellt wurde auf der Konferenz auch ein erweitertes Mittelstandsprogramm mit Rabatten und Finanzierungshilfen, mit denen man Unternehmen in der angespannten Lage bei IT-Investitionen unter die Arme greifen möchte. Kunden mit Open-License und Open-Value-Lizenzen erhalten dabei einen Nachlass von zehn Prozent auf bestimmte Produkte. Zudem wollen die Redmonder den Kunden mit einer Null-Prozent-Finanzierung für die CRM- und ERP-Produkte auch bei IT-Projekten unter die Arme greifen.
Als letzter Redner betrat Steve Ballmer die Bühne. Zum Einstieg gab er zunächst seine Analyse der Krise zum Besten: "Privatpersonen wie Unternehmen haben zu lange mit Hilfe von billigen Krediten über ihre Verhältnisse gelebt." Bei seiner Prognose für die nächsten Jahre blieb er zurückhaltend: "Vielleicht haben wir die Talsohle erreicht, vielleicht aber erst in zwei Jahren. Wir sollten uns jedenfalls darauf einstellen, dass wir nicht über Nacht wieder das alte Niveau erreichen werden, und daher auf der Basis der jetzigen Lage die zukünftigen Geschäfte planen."