Rainer Janßen, Münchener Rück

Mit Glanz und "Gloria"

29.11.2006
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

JANSSEN: Abhängig sind wir von SAP sowieso, weil wir auch andere Anwendungen von ihnen haben. Wir sind auch von Microsoft abhängig. Wenn wir selbst entwickelt hätten, wären wir von anderen Leuten abhängig, nämlich von eigenen Mitarbeitern. Abhängigkeiten gibt es immer. Das ist normales Geschäft und kein Grund zur Beunruhigung. Übrigens ist nicht absehbar, dass SAP demnächst Pleite geht.

CW: Vielleicht lastet aber ein Veränderungsdruck, den die Hersteller etwa durch häufige Releasewechsel oder neue Software-Architekturen erzeugen, auf Anwendern wie der Münchener Rück?

JANSSEN: Dieser Druck entsteht sonst an anderer Stelle - etwa wenn man eine selbstentwickelte Software nutzt und dafür Werkzeuge einsetzt, deren Zukunft ebenso unsicher sein kann. Wenn ich heute bestimmte externe Schnittstellen brauche oder mich mit irgendwelchen Themen befassen, dann weiß ich, dass ich das mit einer gewissen Verlässlichkeit von SAP bekomme. Manchmal nicht so schnell, wie wir es gerne hätten, aber im Prinzip brauche ich mich um Technologie- und Plattformwechsel nicht kümmern. Aber wenn ich jetzt eine eigenentwickelte Software hätte und versuchen würde, eine Service-orientierte Architektur einzuführen, was meinen Sie wie viel Kraft mich das kosten würde und wie riskant es wäre? Wie viel Risiken haben jetzt manche Banken und Versicherungen, die auf riesigen Systemen sitzen, weil der letzte Entwickler, der sich auskannte, in Pension geht? Das Risiko ist viel größer.

CW: Sie haben in den letzten Jahren großen Wert auf eine verbesserte Effizienz des laufenden IT-Betriebs gelegt. Inwieweit sehen Sie sich auch in der Verantwortung für verbesserte Effizienz des Unternehmens zu sorgen?

JANSSEN: Die IT merkt am besten im Unternehmen, wo es knirscht und wo Unnötiges, Kompliziertes, Diffiziles gemacht wird. Von ihr wird schließlich erwartet, diese Dinge in den Systemen abzubilden. Damit ist der CIO in der Verantwortung, seinen Kunden aufzuzeigen, warum er Dinge anders und besser machen sollte. Ich habe begonnen, meine Abteilung IT-Strategie anders aufzustellen, weil wir verstärkt in die Systeme hineinschauen und aufzeigen müssen, wo Unsinn gemacht wird. Da geht es um die Identifikation von Komplexitätstreibern, von Dingen, die überflüssig und teuer sind. Insofern ist der CIO sicher nicht nur der Effizienz der IT, sondern auch des Unternehmens verpflichtet.

CW: Ist das nicht schwierig, weil Sie sich in Kompetenzen der Fachabteilungen einmischen?

JANSSEN: Die Kollegen sind immer ansprechbar, wenn man ihnen das Leben vereinfacht. Schwierig wird es, wenn ein Kunde ganz genaue Vorstellungen hat: Ich will das jetzt so und so haben. Wenn man dann ringen muss, es anders zu machen, weil es billiger ist. Wenn der Kunde sagt: Ich habe da doch gerade dies oder jenes schöne Tool gesehen. Warum kann ich das nicht haben und muss dieses nehmen - das kostet Kraft. Und dann ist es natürlich eine große Herausforderung für uns alle, nicht Effizienz, sondern Effektivität zu bestimmen. Entscheiden, wo das IT-Invest am nötigsten, wichtigsten und besten ist. Das ist manchmal nicht so einfach, zumal sich eben doch nicht immer einfach ein RoI ausrechnen lässt. Aber das gehört zum normalen Leben eines CIO.

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