Umsetzung in der Praxis - Finanzgerichte
Ähnlich gestaltet sich die Situation bei den Finanzgerichten. Auch hier gibt es unterschiedliche Handhabungen. Allerdings erlebe ich häufiger, dass die Richter versuchen, die Verfahren mittels der neuen BFH-Urteile schneller "vom Tisch zu bekommen", indem sie gegenüber dem Finanzamt auf die nunmehr eindeutig besseren Chancen der klagenden Selbstständigen hinweisen und so das Finanzamt zum Nach- bzw. Aufgeben verleiten möchten - sofern die Klage ansonsten entsprechend substantiiert begründet ist.
Allerdings haben die Finanzgerichte - gegenüber den ordentlichen Gerichten wie Amts- oder Landgericht - (auch) einen Aufklärungsauftrag. Dies bedeutet, dass die Finanzgerichte entscheidungserhebliche Tatsachen teilweise selbst aufklären müssen. Und da die Tätigkeiten hierfür keinen großen Spielraum mehr bieten, kommt es manchmal zu einer für den Selbstständigen ungünstigen Situation, in der das Finanzgericht der Vergleichbarkeit des Wissens intensiver nachforscht als sonst.
Die ist aber nach meiner Erfahrung bislang eher die Ausnahme.
Fazit
Die drei neuen BFH-Urteile weiten den Begriff der ingenieurmäßigen ergo freiberuflichen qualifizierten Tätigkeiten erheblich aus. Dies bietet IT-Selbstständigen deutlich bessere Chancen auf die Anerkennung als Freiberufler, was die bisherige Praxis auch belegt. Jedoch: Die Entscheidungen sind kein grundsätzlicher Freibrief; nach wie vor müssen Tätigkeit und Wissen plausibel dargelegt und begründet werden. Diese Aufgaben nimmt der BFH den Selbstständigen mit seinen Urteilen nicht ab. (oe)
Kontakt:
Der Autor Dr. Benno Grunewald ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Mediator (DAA) und Justitiar des Berufsverbands Selbstständige in der Informatik (BVSI) e. V. Tel.: 04124 605087, E-Mail: rechtsanwalt@dr-grunewald.de, Internet: www.dr-grunewald.de