Das Vertrauen der "Survivor" nicht verlieren
So vorbereitet bewarben sich die gekündigten Mitarbeiter. Durch dieses gezielte Vorgehen hatten 15 der 29 entlassenen Mitarbeiter bis zum Jahresende, also vier Monate nach den Bewerbungstrainings schon wieder eine neue Stelle. Fünf weitere hatten entschieden, sich selbstständig zu machen, und vier eine längerfristige Weiterbildung beziehungsweise Umschulung zu machen. Also hatte nur noch etwa jeder Sechste entlassene Mitarbeitende keine neue berufliche Perspektive.
Über diese positive Entwicklung informierte der Geschäftsführer des Unternehmens im Januar 2023 die verbliebenen Mitarbeiter, die sogenannten "Survivor", in einer Kick-Off-Veranstaltung, die die Phase des Neustarts in dem gesundgeschrumpften Unternehmen einläutete. Dies stärkte die Identifikation der verbliebenen Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber, weil sie spürten: Das Schicksal unserer Ex-Kollegen - und damit sicher auch unseres - ist unseren Chefs nicht egal.
Ein solches Signal an die "Survivor" zu senden, ist wichtig. Nicht nur, weil dies ein Ausdruck der Wertschätzung für die Ex-Mitarbeiter ist. Hinzu kommt: Die verbleibenden Mitarbeitenden beobachten und registrieren sehr genau, wie der Betrieb mit ihren bisherigen Kollegen umgeht. Hieraus leiten sie wiederum ab, welches "Schicksal" ihnen künftig eventuell droht. Deshalb führt ein Personalabbau- und Trennungsprozess, der von ihnen als nicht fair empfunden wird, oft zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust bei den verbleibenden Mitarbeitenden.
Checkliste Personalabbau-Projekt
Phase 1: Vorbereitungsphase
Prüfung aller gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Instrumente zur Personalanpassung ohne Entlassungen:
Konjunkturelles Kurzarbeitergeld
Förderung der beruflichen Weiterbildung
Tarifliche und betriebliche Regelungen wie
Altersteilzeit
Teilzeitarbeit
Jahresarbeitszeitkonten zur Arbeitszeitflexibilisierung
Interne Versetzungen
Phase 2: Unterrichtungs- und Verhandlungsphase
Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung und des Wirtschaftsausschusses
Beratung mit deren Vertretern bei sozialplanpflichtigen Entlassungen
Ggf. Erstellen eines Sozialplans
Phase 3: Umsetzungsphase
Informieren aller Mitarbeiter
über den Ablauf der geplanten Maßnahmen
über die am Prozess beteiligten PersonenÜer
über Erfolgsquoten und Erfahrungen aus ähnlichen Projekten
Ziel: Vertrauensbildung zwischen den betroffenen Mitarbeitern und den am Prozess beteiligten Beratern
Umsetzung der Trennungen
Gesprächsführungstraining für die Führungskräfte
Gespräche mit Mitarbeitern, die man halten möchte
Umsetzung eines Freiwilligenprogramms
Durchführen der Trennungsgespräche
Training und Beratung für die ausscheidenden Mitarbeiter
Bewerbertraining in Gruppen
Einzelberatung
Ziele: Vorbereiten auf den Bewerbungsprozess, Erarbeiten professioneller Bewerbungsunterlagen, Vorbereiten auf Bewerbungsverfahren und Vorstellungsgespräche, Erschließen beruflicher Alternativen (z. B. Selbständigkeit)
Phase 4: Vermittlung in neue Arbeit
Eventuell Vermittlung von Kontakten zu externen Unternehmen,
Bewerbungscoaching nach Bedarf
Ziel: möglichst hohe Vermittlungsquote in adäquate Anschlussbeschäftigungen der gekündigten Mitarbeiter
(zusammengestellt von Thomas Fischer, Senior Consultant bei der Unternehmensberatung Kraus & Partner, Bruchsal)
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