Beratergeschichten

Warum SAP-Berater Glück und Bauchgefühl brauchen

28.05.2010

Wie füllt man einen Beratertag aus?

Die "Feuertaufe" als Beraterin lässt nicht lange auf sich warten. In ihrem ersten Projekt bei einem schwäbischen Automobilzulieferer ist sie zuständig für die SAP-Einführung im Controlling. Es ist ein Wettlauf darum, immer mehr zu wissen als der Kunde. Die Sorge, den kommenden Tag nicht vollständig ausfüllen zu können, wird ihr ständiger Begleiter. Oft sitzt sie bis spätabends über den Büchern oder ruft ihre Kollegen an, wenn sie nicht weiterkommt. Das interne Wissensnetzwerk ihres neuen Arbeitgebers ist ihr eine große Stütze in jenen Wochen. Zu wissen, jederzeit Hilfe zu bekommen, macht sie sicherer im Umgang mit dem Kunden.

Zu Hilfe kommen ihr die Erfahrungen aus ihrer Lehrtätigkeit. Dort musste sie oft fünf oder sechs Stunden im Block unterrichten. Dabei entwickelte sie die Fähigkeit, den Stoff so aufzuteilen, dass nicht schon nach der Hälfte der Zeit alles gesagt war. Diese Taktik des Streckens kommt ihr jetzt zugute. Ebenso das großzügige Verhalten ihres Counterparts, der nicht auf jede Frage sofort eine Antwort erwartet. Er selbst betritt thematisches Neuland, so dass sich beide gemeinsam die neue Materie erschließen müssen. Wenn Hornung an manchen Tagen schon um drei Uhr nachmittags mit ihrer Aufgabe fertig ist, spricht sie mit ihrem Gegenüber über dessen persönliche Probleme. Ihm tut es gut, sich emotional zu erleichtern. Auch bei diesem Projekt scheint das Glück auf ihrer Seite zu sein, schließlich hätte sie auch an einen anderen Mitarbeiter geraten können - einen "alten Hasen" zum Beispiel, der sich von einer Berufsanfängerin nichts sagen lässt.

Der erste Brocken kommt kurze Zeit später in Gestalt einer namhaften Anwaltskanzlei. Die will in nur sechs Monaten in 14 Ländern mit einer neuen Software an den Start gehen. Utopisch, denkt Hornung. Allein die Einführung in Deutschland wird mindestens drei Monate in Anspruch nehmen. Es kommt, wie es kommen muss: Kurz vor dem geplanten Produktivstart ist erst die Hälfte der Anforderungen umgesetzt. Von Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe ist die Rede. Hornung weiß: Sie und ihre Kollegen müssen aufpassen. Alles, was sie tun, wird argwöhnisch beobachtet. Ihre Vorgängerin als Projektleiterin hat diesem psychischen Druck nicht standgehalten und deshalb gekündigt. Von heute auf morgen.