Von 10 GBit/s- bis 100 GBit/s-Ethernet

Welches Gigabit-Ethernet passt?

22.07.2012
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.
Durch Virtualisierung ist Netzwerkbandbreite gefragt. Daher ist 10 Gbit/s Ethernet fast schon ein Muss. Doch mit 40 und 100 Gigabit Ethernet stehen die Nachfolger bereits in den Startlöchern. Für IT-Verantwortliche heißt das: Sie müssen jetzt den Umbau der "alten" Netzwerkstruktur in Angriff nehmen.

Der 10-Gigabit-Ethernet-Standard IEEE 802.3ae (IEEE: Institute of Electrical and Electronics Engineers) wurde bereits 2002 verabschiedet. Mittlerweile hat er sich in vielen Data-Center-Backbone-Netzen als Standardtechnik etabliert. Das gilt jedoch nach Angaben der Netzwerkfirma Netgear nicht für kleinere und mittelständische Unternehmen. Viele Mittelständler stehen vor der Herausforderung, ihre Netzwerk-Infrastruktur zunächst einmal von 1-Gbit/s auf 10-Gigabit umzustellen, bevor sie die Migration zu 40-Gigabit-Ethernet (40 GbE) oder gar 100 GbE ins Auge fassen.

Für eine solche Migration sprechen nach Erfahrungswerten von Intel, das mehrere Rechenzentren auf 10 GbE umstellt, folgende Gründe:

Reduzierung der Komplexität durch den Einsatz von Virtualisierung: Dies ermöglicht es, weniger physische Server und Switches einzusetzen und gleichzeitig die Zahl der Systeme (Virtual Machines) zu erhöhen. Dadurch steigt jedoch der Bedarf an Bandbreite, und zwar nicht nur seitens der - virtualisierten - Server, sondern auch der Switches und Storage-Systeme.

Niedrigere Kosten: Nach Erfahrungswerten von Intel lassen sich mithilfe einer 10-GbE-Fabric die Netzwerkkosten einer virtualisierten Umgebung um 18 bis 25 Prozent senken. Das ist auf die einfachere LAN- und Verkabelungsinfrastruktur der Technologie zurückzuführen. Außerdem benötigen virtualisierte Systeme weniger Platz und Kühlung.

Höherer Datendurchsatz: 10-Gigabit-Links bieten mehr Bandbreite bei reduzierten Latenzzeiten im Netz. Nach Schätzungen von Intel beträgt die Latenz bei 1-Gigabit-Ethernet bis zu 12 ms und bei 10 GbE zwischen 2 und 4 ms.

Die passende Verkabelung für 10 GbE

Bei der Wahl der Kabelinfrastruktur für 10-Gigabit-Ethernet hat der Anwender eine ganze Reihe von Alternativen. Sollen oder müssen innerhalb des Rechenzentrums oder an einem Unternehmensstandort größere Distanzen zwischen 300 Metern und mehreren Kilometern überbrückt werden, sind Multi- oder Single-Mode-Lichtwellenleiter angesagt.

Einsparungen: Durch die Migration 1-Gigabit-Ethernet zu 10 GbE lässt sich unter anderen die Zahl der LAN-Ports deutlich reduzieren. Auch die Kabelinfrastruktur wird einfacher und um bis zu 40 Prozent kostengünstiger.
Einsparungen: Durch die Migration 1-Gigabit-Ethernet zu 10 GbE lässt sich unter anderen die Zahl der LAN-Ports deutlich reduzieren. Auch die Kabelinfrastruktur wird einfacher und um bis zu 40 Prozent kostengünstiger.
Foto: Intel

Unshielded-Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 6 (10GBase-T) sind für die Kopplung von Racks über Entfernungen von maximal 50 Metern vorgesehen. Die Cat-6A-Variante, die 2008 freigegeben wurde, unterstützt 100 Meter. Cat 7 Shielded Twisted Pair ist dank der Schirmung unempfindlicher gegen Störungen Die Version 7a ist sogar bis 1000 MHz spezifiziert und kann Datenraten von mehr al 10 GBit/s "verkraften". Im Gegensatz zu Kabeln der Kategorie 5 und 6 sind bei Cat-7-Verkabelungen alle vier Adernpaare einzeln geschirmt. Die Reichweite beträgt 100 Meter.

Zudem existiert mit 10GBase-CX ein Standard für Kupferkabel mit vier Adernpaaren für Distanzen von 15 Metern. Allerdings hängt die Reichweite, ebenso wie bei Zweidrahtleitungen, stark von der Qualität des Kabels beziehungsweise vom Hersteller ab. Es ist laut Fluke Networks daher anzuraten, im Vorfeld Tests mit Kabeln und Steckverbindern unterschiedlicher Hersteller durchzuführen und die gesamte Kabelinstallation nach Abschluss der Montage durchmessen und zertifizieren zu lassen.

Vielfältig: Für 10-Gigabit-Ethernet steht eine Vielzahl von Kabeltypen und Steckverbindungen zur Verfügung. Damit lassen sich Verbindungen von bis zu 40 Kilometer Länge aufbauen, etwa um Systeme auf einem Campus zu verknüpfen.
Vielfältig: Für 10-Gigabit-Ethernet steht eine Vielzahl von Kabeltypen und Steckverbindungen zur Verfügung. Damit lassen sich Verbindungen von bis zu 40 Kilometer Länge aufbauen, etwa um Systeme auf einem Campus zu verknüpfen.
Foto: R&M

Bei Glasfaserkabeln für 10 GbE sind die gebräuchlichsten Versionen 10GBase-LX4-Multimode- oder -Singlemode-Glasfasern mit einer Wellenlänge von 1310 nm. Die Reichweite beträgt 300 Meter beziehungsweise 2 Kilometer. Die 10GBase-SR-Multimode-Glasfaser mit einer Wellenlänge von 850 Nanometern überbrückt bis zu 300 Meter. Für Backplane-Links sind 10GBase-KX4 und -KR vorgesehen, während die Versionen 10GBase-LR und ER mit 10 beziehungsweise 40 Kilometern Reichweite nicht für Rechenzentren in Betracht kommen, sondern zur Kopplung von Standorten oder für einen größeren Campus.

Alternative: SFP+ mit Direct Attach

Hauptdarsteller: Laut Intel wird sich 10GBase-T bei 10-Gigabit-Ethernet - neben Direct Attach (DC) - zur dominierenden Kabel- und Verbindungstechnik entwickeln.
Hauptdarsteller: Laut Intel wird sich 10GBase-T bei 10-Gigabit-Ethernet - neben Direct Attach (DC) - zur dominierenden Kabel- und Verbindungstechnik entwickeln.
Foto: Intel

Bei den Anschlussarten bietet sich der Einsatz von Small Form Factor Pluggable + (SFP+) in Verbindung mit 10-Gbit/s-SFP+-Kupfer-Direct-Attach-Kabeln (DAC) an. Der Anwender kann damit Kupferkabel und Lichtwellenleiter nutzen, Stichwort höhere Flexibilität. Die Nachteil sind jedoch die kurze Reichweite von 7 Metern und der relativ hohe Preis, bedingt durch die optischen Komponenten.

Dennoch erfreut sich DAC nach Aussage von Intel unter den Anschlusstechniken für 10 GbE großer Beliebtheit. Allerdings wird sich 10GBase-T in den kommenden Jahren zur dominierenden Technik entwickeln. 10GBase-CX und Glasfaserverbindungen verlieren dagegen an Boden.

End-of-Row versus Top-of-Rack

In einem Rechenzentrum, im dem Virtualisierung eingesetzt wird, gibt es laut dem Netzwerkspezialisten Fluke grundsätzlich zwei Topologien, um Server und Netzwerkkomponenten anzubinden: "End of Row" (EoR) und "Top of Rack" (ToR). Nach Angaben der Experten hat die konventionelle Topologie mit einem 1-Gbit/s-Lin pro Sever den Nachteil, dass sie nur schwer im Nachhinein geändert werden kann. Bei einer EoR-Struktur sind Switch Fabric und physikalische Verbindungen voneinander getrennt. Die virtualisierten Server sind in diesem Fall über 1- oder 10-Gigabit-Links mit dem Switch verbunden, dieser wiederum über 10 GbE mit einem Aggregation Rack.

Gut zu wissen: Eine Alternative zu End-of-Row-Konfigurationen ist ein Top-of-Rack-Konzept. Dabei wird jedem Rack ein Switch zugeordnet.
Gut zu wissen: Eine Alternative zu End-of-Row-Konfigurationen ist ein Top-of-Rack-Konzept. Dabei wird jedem Rack ein Switch zugeordnet.
Foto: Fluke

Bei einer Top-of-Rack-Konfiguration wird ein Switch auf jedem Rack platziert. Dieser ToR-Switch verbindet alle Element im Rack und stellt über 10 GbE - oder künftig auch 40- oder 100 GbE - eine Verbindung zu einem Aggregation Rack her. Laut Fluke haben beide Ansätze spezielle Vorteile. ToR ist flexibler in Bezug auf Änderungen, modularer und benötigt eine weniger strukturierte Verkabelung. EoR kommt mit weniger Switches und sogenannten Trunk-Connections aus, ist einfacher zu managen und erfordert weniger Änderungen an einer vorhandenen Infrastruktur.