Wenn manche Firmen ERP-Software einführen, verändern sie ohne Abstimmung gewohnte Abläufe radikal, nehmen den Mitarbeitern lieb gewonnene Anwendungen weg und zwingen sie, sich mit neuen Funktionen auseinanderzusetzen, die ihnen unter Umständen nicht gefallen.
Andere Unternehmen begehen diese Fehler nicht. Sie stülpen den Mitarbeitern nicht einfach ein System über. Wie Beispiele zeigen, sind Anwender deutlich motivierter und identifizieren sich mit der Applikation, wenn sie selbst die Abläufe mitgestalten können. Die Firmen Moosmann & Co, Blizzard und Pepperl + Fuchs berichteten über ihre Erfahrungen mit der ERP-Einführung auf der Fachtagung "COMPUTERWOCHE ERP Initiative 2009" in Offenbach am Main (Hinweise zu weiteren Events der IDG Business Media/COMPUTERWOCHE finden Sie hier).
Key User sind verantwortlich für Lauffähigkeit der ERP-Software
Bei Moosmann & Co, einem Anbieter von Papier und Verpackungen aus Konstanz, waren die Key User nicht nur federführend bei der Einführung. Vielmehr tragen sie noch heute die Verantwortung für die Lauffähigkeit des Systems, für Tests nach der Inbetriebnahme neuer Funktionen und für die Schulung von Kollegen. Key User sind Anwender, die die Interessen ihrer Fachabteilung bei der ERP-Einführung vertreten. Von diesen Personen hängt zu einem großen Teil der Erfolg des Softwareprojekts ab.
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Die IT-Fachleute in dem mittelständischen Unternehmen sorgen lediglich für den Betrieb der Hardware. Moosmann beschäftigt 80 Mitarbeiter und setzte im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro um. Zu den Kernprozessen des Handelsunternehmens zählen Einkauf, Verkauf, Logistik und Finanzbuchhaltung, die mittlerweile mit einer neuen ERP-Software ("Nvinity" von Nissen & Velten nebst Branchenaufsatz für den Papierhandel) gesteuert werden.
ERP-Modifikationen übernimmt die Fachabteilung
Nach den Worten von Harald Heine, Leiter Einkauf und EDV, gelang es, die Mitarbeiter für die ERP-Software zu begeistern und eigene Fachkompetenz aufzubauen. Die späteren Nutzer waren während der Auswahl an den zahlreichen Workshops mit Anbietern beteiligt, sie waren es auch, die die Anforderungen für ihre jeweilige Fachabteilung formulierten. Dreh- und Angelpunkt des Konzepts war und ist eine Struktur aus Key Usern und Key-User-Leitern. Die User mit Leitungsfunktionen haben Zugriffsrechte, die es ihnen erlauben, das ERP-System zu modifizieren. Hiervon machen sie regen Gebrauch, wenn sie Cockpits (ERP-Ansichten auf Geschäftsdaten) etwa für den Versand, die Lieferantenverwaltung, den Vertrieb und den Artikelstamm anpassen.
Einige Moosmann-Mitarbeiter haben sich in SQL und die Reporting-Software "Crystal Reports" von SAP (durch die Übernahme von Business Objects) eingearbeitet (siehe auch "Markt für BI-Software"). Sie sind in der Lage, Anforderungen selbst umzusetzen beziehungsweise ihre Kollegen in der Benutzung der neuen Funktionen zu schulen. Wenn ein Fehler im ERP-System auftritt oder ein Nutzer ein Problem hat, wendet er sich nicht an die IT, sondern an einen der Key User.
- ERP-Studie 2009
Die Anzahl der Firmen, denen ein ERP-Budget von mindestens 100.000 Euro im Jahr zur Verfügung steht, ist kleiner geworden. - ERP-Studie 2009
ERP-Software ist in vielen Firmen bereits im Einsatz. Doch nicht selten sind die Lösungen veraltet. - ERP-Studie 2009
Obwohl es Verbesserungsbedarf gibt, haben viele Firmen schlicht kein Budget für Modernisierung oder Ausbau ihrer ERP-Applikationen. - ERP-Studie 2009
An den Zielen der ERP-Einführung hat sich kaum etwas geändert. - ERP-Studie 2009
Änderungen in der Firmenstruktur sind in diesem Jahr weit häufiger der Auslöser dafür, die bestehende ERP-Software aus- oder umzubauen. - ERP-Studie 2009
An der Studie nahmen in erster Linie kleine und mittelständische Firmen teil. In der Regel erhält nur ein Teil der Belegschaft Zugang zu ERP-Prozessen. - ERP-Studie 2009
Ob die ERP-Einführung aus Sicht der Unternehmensleitung die Erwartungen erfüllt hat, beurteilen die Firmen gegenüber dem Vorjahr etwas positiver.
Was die ERP-Software leistet und wie sich Abläufe damit verbessern lassen, erfuhren die Anwender von Anfang an von ihren Kollegen. "Internes Consulting spart Geld", erklärt Heine. Pro Quartal finanziert das Unternehmen einen Manntag für die Key-User-Weiterbildung. Das kann zum Beispiel ein Workshop beim Softwarehaus sein, dessen Agenda die Key User selbst gestalten.