Die Abmahnung ist Ausdruck einer Missbilligung des Arbeitgebers infolge der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer. Als Voraussetzung für die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung hat die Abmahnung sich zu einem eigenständigen und zugleich umstrittenen Instrument des Kündigungsrechts entwickelt. Da zum arbeitsrechtlichen Abmahnrecht keine gesetzlichen Regelungen bestehen, ist es durch eine sehr umfangreiche Rechtsprechung der Arbeitgerichte geprägt. Im vorliegenden Beitrag können daher nur die wichtigsten Hinweise aufgeführt werden.
Die Notwendigkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung folgt aus dem so genannten Ultima-Ratio-Prinzip. Es besagt mit einfachen Worten, dass eine arbeitsrechtliche Kündigung immer nur das letzte Reaktionsmittel eines Arbeitgebers darstellen kann. Dieser ist vielmehr gehalten, zunächst den Versuch zu unternehmen, einen Arbeitnehmer mittels einer Abmahnung zur Abkehr von einem pflichtwidrigen Verhalten zu bewegen. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt darüber hinaus, dass nur erhebliche und objektiv tatsächlich vorhandene Pflichtverstöße abgemahnt werden können, Bagatellfälle dagegen nicht.
Drei Funktionen der arbeitsrechtlichen Abmahnung
Im Allgemeinen werden der arbeitsrechtlichen Abmahnung daher drei Funktionen zugesprochen. Sie hat eine Dokumentationsfunktion, da die Abmahnung den Arbeitnehmer auf seine Pflichtverletzung aufmerksam machen und den beanstandeten Vorfall festhalten soll. Im Rahmen der Beanstandungsfunktion soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, das abgemahnte Verhalten abzustellen und durch künftiges pflichtgemäßes Verhalten eine drohende Kündigung abzuwenden. Aus der Warnfunktion folgt schließlich, dass dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung anzudrohen sind. Anderenfalls kann lediglich von einer Ermahnung gesprochen werden, welche für eine nachfolgende Kündigung nicht ausreichen würde.
Inhalt einer Abmahnung
Aus den zuvor genannten drei Funktionen ergibt sich sodann der notwendige Inhalt einer arbeitsrechtlichen Abmahnung. Zum einen muss der Sachverhalt des Pflichtverstoßes konkret, präzise und so detailliert wie möglich dargestellt werden. Es genügt nicht, wenn in der Abmahnung pauschal auf bekannte Vorkommnisse oder auf wiederholte Pflichtverletzungen verwiesen wird.
Des Weiteren muss das Verhalten des Arbeitnehmers als nicht vertragsgemäß gerügt werden. Es muss deutlich werden, dass der Arbeitgeber weitere entsprechende Pflichtverstöße von Seiten des Arbeitnehmers nicht tolerieren wird. Unerlässlich wird dadurch auch die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen. Wegen der Warnfunktion müssen für den Wiederholungsfall Hinweise enthalten sein, aus denen sich deutlich ergibt, dass der weitere Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Zwar muss hier nach der Rechtsprechung das Wort "Kündigung" nicht unbedingt fallen, gleichwohl empfehlen sich derart nachhaltige Formulierungen.
- Alles zum Thema Abmahnung
Abmahnungen haben eine große praktische Bedeutung im Arbeitsleben. Hier die Einzelheiten: - 1. Begriff und praktische Bedeutung
Die Abmahnung stellt ein Mittel dar, den Vertragspartner auf die Verletzung vertraglicher Pflichten hinzuweisen. Dieser Hinweis arbeitsvertragswidrigen Fehlverhaltens erfolgt mit dem Ziel, in Zukunft weitere Vertragsverstöße zu vermeiden. Die Abmahnung ist in § 314 Abs. 2 BGB gesetzlich normiert. - 2. Funktionen der Abmahnung
Folgende Funktionen erfüllt eine Abmahnung:<br /><br /> a) Rüge- und Dokumentationsfunktion:<br /> Der Arbeitgeber erfüllt die mit einer Abmahnung verbundene Rüge- und Dokumentationsfunktion nur dann, wenn er dem Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten hinreichend genau aufzeigt und darauf hinweist, welches genau bezeichnete Verhalten des Arbeitnehmers er als Pflichtverletzung wertet.<br /><br /> b) Warnfunktion:<br />Eine Abmahnung liegt vielmehr schon dann vor, wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Leistungsmängel beanstandet und damit den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfalle der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. - 3. Keine "Strafe"
Durch das Erfordernis einer vergeblich gebliebenen Abmahnung vor dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung soll letztlich der mögliche Einwand des Arbeitnehmers ausgeräumt werden, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nicht gekannt oder jedenfalls nicht damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten als so schwerwiegend ansieht, dass er kündigungsrechtliche Konsequenzen ergreifen würde. Hat der Arbeitgeber durch eine entsprechende Klarstellung gegenüber seinem Arbeitnehmer die Möglichkeit solcher Einwände ausgeräumt, so liegt eine ausreichende Abmahnung vor. - 4. "Erziehungsgedanke" der Abmahnung
Die Abmahnung dient als Mittel der möglichst ordnungsgemäßen und vollständigen Vertragserfüllung in der Zukunft. Sie soll bei Vertragsverstößen, die nicht so schwer wiegen, als dass aus ihrem einmaligen Vorkommen mit hinreichender Sicherheit eine nachteilige Einschätzung der zukünftigen Entwicklung gewonnen werden könnte, auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung hinwirken. Erst wenn mit der Vertragserfüllung nicht mehr gerechnet werden kann, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. - 5. Abmahnungsberechtigte
Zur Abmahnung berechtigt sind nicht nur kündigungsberechtigte Personen wie z. B. der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG, sondern alle Vorgesetzten, die nach ihrer Aufgabenstellung befugt sind, dem betroffenen Arbeitnehmer hinsichtlich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung verbindliche Anweisungen zu erteilen. - 6. Beteiligung des Betriebsrats
Der Betriebsrat muss vor einer Abmahnung weder angehört noch unterrichtet werden. Er darf daher weder verlangen, dass ihm eine Kopie der Abmahnung ausgehändigt wird, noch kann er von sich aus die Abmahnung in der Personalakte einsehen. - 7. Erklärungsfrist für den Ausspruch einer Abmahnung
Für den Ausspruch einer Abmahnung besteht keine feste Ausschlussfrist. Das Recht zum Ausspruch einer Abmahnung kann aber nach längerem Zuwarten verwirken. - 8. Wirkungsdauer einer Abmahnung
Eine wirksame Abmahnung kann allein aufgrund des Zeitablaufs unwirksam werden, wenn der betreffende Arbeitnehmer sich längere Zeit vertragskonform verhalten oder der Arbeitgeber weitere Pflichtverletzungen unbeanstandet hingenommen hat. Ob bei erneutem, identischem Fehlverhalten des Arbeitnehmers der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung gerechtfertigt ist oder aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine weitere Abmahnung erteilt werden muss, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalles, insbesondere von der Dauer des reibungslosen Verlaufs des Arbeitsverhältnisses, der Schwere des Verstoßes usw. ab. - 9. Mehrere Abmahnungen
Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch abgeschwächt werden, dass der Arbeitgeber bei ständig neuen Pflichtverletzungen eines Arbeitnehmers stets nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen zu lassen. Eine Abmahnung kann nur dann die Funktion erfüllen, den Arbeitnehmer zu warnen, dass ihm bei der nächsten gleichartigen Pflichtverletzung die Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer diese Drohung ernst nehmen muss. Dies kann je nach den Umständen nicht mehr der Fall sein, wenn die Kündigung jahrelang nur angedroht, letztlich aber nicht ausgesprochen wird. - 10. Kündigungsverzicht
Entscheidet sich ein Arbeitgeber aufgrund eines Pflichtverstoßes eines Mitarbeiters zum Ausspruch einer Abmahnung, so ist er an diese gebunden. Diese Bindung des Arbeitgebers an die von ihm ausgesprochene Abmahnung bedeutet, dass er nicht mehr allein wegen des von ihm gerügten Verhaltens eine Kündigung aussprechen kann. Er hat vielmehr mit der Abmahnung auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Nur die vergebliche Abmahnung kann für eine Kündigung herangezogen werden. Ohne einen weiteren Vertragsverstoß nach erfolgter Abmahnung kann daher nicht verhaltensbedingt gekündigt werden. - 11. Kündigungsmöglichkeit
Es gibt zwar keine feste Regel, nach der vor einer Kündigung notwendigerweise mehrere Abmahnungen erteilt werden müssten. Es kommt insoweit vielmehr im konkreten Einzelfall auf das Gewicht der Pflichtverletzung und den darin liegenden Unrechtsgehalt an, ob eine weitere Abmahnung ausgesprochen werden sollte. Der Arbeitgeber muss daher eine Interessenabwägung vornehmen. Bei leichteren Pflichtverstößen oder Nebenpflichtverletzungen ist grundsätzlich eine mehrfache Abmahnung angebracht. Dies folgt daraus, dass das gesamte Arbeitsrecht und insbesondere das Kündigungsrecht vom sogenannten Ultima-ratio-Grundsatz beherrscht wird.