Projektgeschäft: Nur das Notwendigste wird gemacht
Anders als im Outsourcing-Markt sollten die IT-Dienstleister im Projektgeschäft für 2010 nicht mit Zuwächsen rechnen. Das vergangene Jahr war mit einem Minus von acht Prozent schlecht, dieses Jahr wird allenfalls mäßig. Zum Jahresende wird nach PAC-Schätzung ein leichter Rückgang zu Buche stehen. Erst 2011 kehrt die Branche wieder auf den Wachstumspfad zurück. Die zähe Erholung hat diverse Ursachen:
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Unternehmen haben ihre Projekte auf den Prüfstand gestellt: Nahezu alle laufenden und geplanten Arbeiten wurden analysiert und bewertet, um sie dann mit Prioritäten zu versehen.
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Anwender haben Projekte geteilt: Großaufträge wurden entflochten und nur wichtige Teilaufgaben weiterverfolgt.
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Konzentration auf das Notwendige: Vor allem dort, wo die IT gesetzliche Auflagen umsetzen muss, haben Anwender keine Abstriche gemacht. So gab es für IT-Dienstleister beispielsweise gute Verdienstmöglichkeiten in Unbundling-Projekten für die Energieversorger.
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Von der Warteschleife auf das Abstellgleis: Teillösungen, die zugunsten einer schnellen und kostengünstigen Projektabwicklung verschoben wurden, werden oft nicht mehr angefasst. "Jeder weiß: Wenn Projekte zu lange brachliegen, werden sie nicht reaktiviert", dämpft Ridder allzu große Erwartungen in eine schnelle Erholung.
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Neue Projekte sind klein und übersichtlich: Anwender, die bereits wieder Aufträge vergeben, beginnen überwiegend mit überschaubaren Vorhaben.
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Die Preise sind gefallen: Infolge des steigenden Wettbewerbsdruck unter anderem durch ambitionierte Offshoring-Anbieter sind die Tagessätze gesunken. "Die Preise waren schon lange unter Druck", beobachtet Leclerque. "Die Krise hat den Effekt noch verstärkt."
- Getöse, Getöse ...
Manchmal ist es gar nicht so einfach, in der täglichen Wörterflut das Wesentliche auszumachen. Wenn dann noch jemand "Denglisch" redet, wird's manchmal richtig kompliziert. Wir übersetzen für Sie. - Commitment ...
... hat sich zu einem gängige Begriff im deutschen Sprachgebrauch gemausert, der eine Verpflichtung beziehungsweise ein Bekenntnis ausdrückt. Sich zu einem "objective committen" bedeutet nichts anderes, als ein Ziel zu akzeptieren. - On the way
Die häufig bemühte "Roadmap" mit ihren "Milestones" ist ein Fahrplan samt Meilensteinen. - Vorsicht, VIP!
Wenn alles im "Round-up" des "Board-Meetings" als "High-Level-Approach" eingestuft wird, dann heißt das vermutlich: Alles im Vorstand Besprochene ist sehr wichtig. - Auch betroffen?
Beschlossen werden auf Vorstandsebene bisweilen Maßnahmen, die sich auf alle "Stakeholder" auswirken. Gemeint sind alle, die mit dem Unternehmen zu tun haben. Die Betroffenen werden dankbar sein, wenn Ergebnisse zügig "reportet" werden. - Vielleicht doch besser auf Deutsch?
Oft müssen aber gar nicht Anglizismen herhalten, um Kompetenz zu vermitteln: Zwar gibt es den Ausdruck "Kombinatorik" als Teildisziplin der Mathematik, doch Berater meinen meistens einfach nur die "Kombination". - Unseriös ...
... ist ohne Zweifel die falsche Verwendung des Begriffs "Ressourcen". Spricht man über Güter, Materialen, Immobilien etc. ist dagegen nichts einzuwenden. Ressourcen als Synonym für Mitarbeiter oder gar Menschen zu verwenden, ist indes gelinde gesagt geschmacklos. Da aber im englischsprachigen Raum von "Human Resources" die Rede ist, lässt sich dieser Fehler zumindest erklären. - No risk, no fun ...
Gerne werben Berater auch damit, dass sie "ins Risiko gehen", also etwas riskieren. Die Steigerung davon heißt vermutlich "ins Verderben rennen" – aber im Projektumfeld mag wohl niemand davon reden. - Am Ende des Tages
Der Klassiker im Berater-Slang lautet"<b>Am Ende des Tages</b>". Kaum ein Berater verzichtet auf diese Phrase, um ein Resümee zu ziehen. <br/><br/> Seinen Ursprung hat der Ausdruck in der holprigen Übersetzung der englischen Formulierung "at the end of the day". Gemeint ist eigentlich "schlussendlich", "unterm Strich" oder einfach nur "schließlich". <br/> - Expertise
Auch der im Deutschen gerne als Synonym für Erfahrung und Kompetenz verwendete Begriff "<b>Expertise</b>" wurde falsch aus dem Englischen übernommen. Eine Expertise ist ein <b>Gutachten</b>. <br/> - Es macht Sinn
Das Gleiche gilt für "<b>Es macht Sinn</b>" (it makes sense). Die korrekte deutsche Übersetzung lautet "Etwas ist sinnvoll" oder "Etwas ergibt Sinn".<br/> - In 2023
Ein häufig zu hörender Ausdruck, wenn Berater Zeitpunkte benennen, lautet: "<b>In 2023 erwarten wir eine Erholung</b>." Richtiger wäre "Im Jahr 2023 erwarten wir eine Erholung" oder einfach "2023 erwarten wir eine Erholung". <br/> - Consultants und ihre Sprüche
Natürlich müssen die "Surroundings" passen. Welche Umgebung ist denn gemeint? Egal, Hauptsache es klingt wichtig. - Business Case
Häufige Anglizismen sind charakteristisch für das Consulting: Ein "<b>Business Case</b>" ist nichts anderes als ein Geschäftsmodell.<br/> - Proof of Concept
Ein "<b>Proof of Concept</b>" ist eine Machbarkeitsstudie. <br/> - Line of Business
Und für "<b>Line of Business</b>" gibt es den schönen deutschen Begriff Geschäftsbereich.<br/> - low hanging fruits
Auch gern genommen: "<b>low hanging fruits</b>" und "<b>quick wins</b>". Damit sind schnelle, einfache Erfolge gemeint. Sie sind wichtig, um für gute Stimmung im Projekt zu sorgen.<br/> - asap
In den E-Mail-Verkehr haben viele englische Abkürzungen Einzug gehalten: Doch zum Beispiel "<b>asap</b>" (as soon as possible) und "<b>pdq</b>" (pretty damn quick) sollte man tunlichst nur im Bekanntenkreis verwenden. <br/><br/>Denn während diese unmissverständlichen Aufforderungen im US-Amerikanischen gang und gäbe sind und niemanden besonders aufregen, klingen sie im Deutschen aufdringlich und unfreundlich.<br/> - proaktiv
Was ist "<b>proaktiv</b>"? Ist es mehr als "aktiv"? Es klingt auf jeden Fall nach mehr. Also benutzen es Berater und Manager. <br/> - Zielsetzung
Ebenso verhält es sich mit "<b>Zielsetzung</b>". Man könnte auch einfach ein Ziel verfolgen und erreichen. <br/>
Das Anhängen einer überflüssigen Endung ist kein Einzelfall. Gern verwendete Erweiterungen sind etwa "<b>-prozess</b>", "<b>-struktur</b>" und "<b>-bereich</b>". <br/>- Herausforderungen
Es gibt zudem Wörter, die nicht grundsätzlich falsch sind, deren übermäßige Benutzung jedoch aufstößt. Berater kennen beispielsweise keine Probleme und Schwierigkeiten, sondern nur "<b>Herausforderungen</b>" (Challenges). Und sie "<b>fokussieren</b>" sehr häufig. <br/>
Der Ursprung mancher sonderbaren Ausdrucksweise ist nicht ganz klar. Ein Berater ist "<b>auf einem Projekt</b>" statt "<b>in einem Projekt</b>". <br/- Anglizismen
Die inflationäre Verwendung von <b>Anglizismen</b> beschäftigt die Kunden in Großbritannien naturgemäß nicht. Doch auch dort haben die Berater eine eigene Sprache entwickelt. <br/><br/> Das Online-Magazin consulting-news.com hat vor geraumer Zeit die <b>Hitliste der nervigsten Beraterphrasen</b> veröffentlicht. Erhoben haben sie die Marktforscher von Coleman Parkes Research. Einige Formulierungen erscheinen erstaunlich vertraut. <br/> - Platz 13
18 Prozent: <b>Going forward </b>(den Blick nach vorne richten).<br/> - Platz 12
22 Prozent: <b>Leverage</b> (Hebel, Hebelwirkung).<br/> - Platz 11
26 Prozent: <b>Core values </b>(Grundwerte).<br/> - Platz 10
27 Prozent: <b>We're in good shape</b> (Wir sind gut im Rennen).<br/> - Platz 9
27 Prozent: <b>On the same page </b>(auf einer Wellenlänge, einig sein). - Platz 8
31 Prozent: <b>Paradigm </b>(Paradigma, Denkmuster).<br/> - Platz 7
33 Prozent: <b>Synergy </b>(Synergien).<br/> - Platz 6
35 Prozent: <b>At the end of the day</b> (am Ende des Tages). - Platz 5
38 Prozent: <b>Let's have a meet about it </b>(Lasst uns zusammensitzen).<br/> - Platz 4
42 Prozent: <b>Lock 'n load </b>(schussbereit).<br/> - Platz 3
42 Prozent: <b>Think outside the box </b>(querdenken).<br/> - Platz 2
42 Prozent: <b>Let's engage the client</b> (Beziehung zum Kunden aufbauen). - Platz 1
49 Prozent: <b>Singing from the same hymn sheet</b> (in dasselbe Horn blasen).<br/>
Zum Abschluss noch ein Berater-Witz:<br/> "Das Glas ist halb leer", sagt der Pessimist.<br/> "Das Glas ist halb voll ", sagt der Optimist.<br/> "Das Glas ist viel zu groß ", sagt der Unternehmensberater.
- Getöse, Getöse ...
Nicht jeder beugt sich dem Diktat
Dem Preisdiktat des Wettbewerbs haben sich jedoch nicht alle Anbieter gebeugt. Gartner-Analyst Ridder berichtet von Anwendern, die sich an den Dienstleistern die Zähne ausgebissen haben. Offenbar haben einige Anbieter Rückstellungen gebildet, um schwere Zeiten auch ohne finanzielle Zugeständnisse zu überbrücken. Wer einmal Nachlässe gewährt hat, darf auf absehbarer Zei nicht mit steigenden Preisen rechnen. "Irgendwann ist der Speck verbraucht, dann geraten auch die Honorare der letzten Anbieter unter Druck", erwartet Ridder.
Darüber hinaus machen sich auf Anwenderseite die positiven Effekte der Standardisierungsbemühungen der letzten Jahre bemerkbar, zum Leidwesen der IT-Beratungs- und -Integrationsanbieter. Die haben in der Vergangenheit gute Geschäfte mit der Komplexität in der IT gemacht. Zudem hat der Trend zum Outsourcing dem Projektgeschäft geschadet. IT-Anwender ohne eigene IT-Installation brauchen weniger Integrationsprojekte. All das dämpft die Aussicht auf eine schnelle Regeneration des Projektmarktes.
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