Interview mit Moritz Freiherr Knigge

Über den Umgang mit Mitarbeitern und Chefs

26.02.2012
Von 
Karen Funk ist freie IT-Fachjournalistin und Autorin. Bis Mai 2024 war sie Redakteurin beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Zudem leitete sie 17 Jahre lang den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT und für digitale Bildung ein. 2024 erschien ihr Buch "Hack the world a better place: So gestalten Unternehmen die Zukunft", das sie mit Julia Freudenberg, Geschäftsführerin der Hacker School, zum Thema Corporate Volunteering geschrieben hat.

Wenn Chefs Mitarbeiter schlecht behandeln

CW: Kann man denn als Angestellter etwas tun, wenn der Chef einen herablassend behandelt?

Knigge: Sagen Sie ihm, dass Sie nicht herablassend behandelt werden wollen. Seien Sie direkt, aber senden Sie die Botschaft vorsichtig. Sagen Sie nicht: "Sie behandeln mich wie den letzten Dreck", sondern "Ich fühle mich von Ihnen schlecht behandelt. Wollen Sie das, wollen Sie mich angreifen?" Was soll denn passieren? Das schlimmste, das passieren kann, ist, dass Ihr Chef sagt: "Ja, das stimmt." In 99 Prozent der Fälle reagiert der andere aber so: "Um Gottes Willen, das ist ein Missverständnis, das wollte ich nicht. Lassen Sie uns noch einmal drüber reden."

CW: Viele trauen sich aber nicht, ihrem Chef direkt die Meinung zu sagen.

Knigge: Das ist ein ganz großes Problem in der Kommunikation. Viele Führungskräfte sagen zwar zu ihren Mitarbeitern: "Kommen Sie zu mir und reden Sie offen." Aber es wird ihnen nicht geglaubt. Ein Chef muss erst beweisen, dass er Offenheit aushalten kann. Wer das schafft, glaubhaft zu vermitteln, der wirkt souverän. Und souveräne Menschen, sind fast immer Menschen, mit denen man sich gerne umgibt und für die man gerne arbeitet. Es wäre schön, wenn es mehr solche Führungskräfte gäbe.

CW: Wie bringen Sie denn Chefs, die einen härteren Ton am Leibe führen, wertschätzende Kommunikation bei?

Knigge: Die kommen gar nicht zu mir. Die sagen zwar, wertschätzende Kommunikation hört sich gut an und das brauchen unsere Leute, aber sie machen nicht mit. Das ist schade.

CW: Gibt es einen Unternehmer, von dem Sie sagen würden, er kann wertschätzend kommunizieren?

Knigge: Götz Werner, Gründer und Geschäftsführer von dm, ist richtig gut. Seine Haltung strahlt auf den Betriebsklima ab, bis in die kleinste Filiale. Das merken Sie sofort, wenn Sie zuerst zu Schlecker gehen und dann zu dm. Auch Google scheint eine gute Führung zu haben. Dort herrscht ein sehr ansprechendes, offenes Klima. Das zeigt sich an der Art und Weise, wie Mitarbeiter dort Fragen an die Führungskräfte stellen.

CW: Wie sollen Führungskräfte diesen Spagat schaffen - einerseits stehen sie unter Druck, andererseits sollen sie ohne Druck kommunizieren?

Knigge: Da müssen Führungskräfte durch. Sie haben auch selbst etwas davon, denn es senkt die Reibungsverluste, den Ärger und baut Druck ab. Konflikte sind Zeitfresser, sind unwirtschaftlich und hinterlassen Wunden. Es kann nicht im Sinne eines Unternehmers sein, wenn er in seinem Unternehmen viele Konflikte hat. Man geht übrigens davon aus, dass in Deutschland jeder vierte Angestellte so schlecht motiviert ist, dass er bewusst destruktiv im Job handelt. Weil er frustriert ist, lässt er irgendeine Arbeit liegen, klaut, meldet sich krank oder redet schlecht über das Unternehmen.